Leserbrief „Germanwings“

Germanwings: Das hat Bedeutung für uns alle

Warum es im Fall des aktuellen Flugzeugabsturzes wichtig ist, die Psychiatrie zu hinterfragen

(zum Artikel von Stephan Baier „Ein Psychiater kann Bosheit nicht messen“ in Die Tagespost vom 28.3.2015)

Am 24. März ist ein Flugzeug an einem Berg zerschellt. Mit 800 Stundenkilometern wurden Mensch und Material atomisiert. Alle Medien sind voll von diesem Ereignis, tagelang fast keine andere Nachricht. Wie konnte es geschehen? Wo wurden Fehler gemacht? War es die Technik? Oder der Mensch? Da sitzen viele, sehr viele Menschen in einem Luftschiff, in einem Boot… und sie merken nicht, daß der Pilot von der vorgesehenen Fluglinie abweicht. Das geht so eine ganze Zeit, nachdem der erste Kapitän das Cockpit verlassen hat.

Das Flugzeug ist in der Hand eines jungen Menschen, der eigentlich nie hätte Pilot werden wollen/sollen. Dafür brachte ihm sein Unbewußtes vor einigen Jahren während seiner Ausbildung eine gehörige Depression bei. Doch die wurde therapiert, von Psychiatern und Psychologen  beseitigt. Und mit ihr der Zweifel und die Angst. Was blieb, war ein funktionierender, „unauffälliger“ (es ist bezeichnend, daß Nachbarn, Freunde etc. sehr schnell die Unauffälligkeit des ihnen bekannten Amokläufers zu attestieren bereit sind) Co-Pilot mit inzwischen über 600 Flugstunden Erfahrung. Alle Nachprüfungen hatte er bestanden.

Heute hätte er eigentlich zu Hause bleiben sollen, es gab eine Krankschreibung. Doch die ignoriert Andreas, er ist konsequent an diesem letzten Tag seines Lebens. Er verriegelt die Tür zum Cockpit. Der herbeieilende Kapitän ahnt Schlimmes, als sie sich auch mit einer Axt nicht öffnen läßt. Ihm wird in diesen Augenblicken möglicherweise klar, daß er Stellvertreter ist. Mit seinem verzweifelten Rütteln an der verschlossenen Tür steht er für eine zu spät erwachende Menschheit, die durch ihre alternativlose (?) Auslieferung an technische Standards (Impfzwang, Kindergarten-Schulzwang, Kontrollzwang, Wachstumszwang, ESM, TTIP usw.)  auf einen Felsen zurast.

Ein Geschehen dieses Ausmaßes hat Bedeutung für uns alle. Die totale Technik (inklusive ihrer Sponsoren in Konzernen, Gesundheitsindustrie und Politik) schwingt sich immer rücksichtsloser auf, Menschsein zu eliminieren. Vor diesem Hintergrund allein die Boshaftigkeit beim „Täter“ auszuloten, wie dies Herr Baier mit dem Psychiater Raphaell M.
Bonelli vollzieht, ist nachhaltig sinnlos. Sie haben kein Erbarmen mit einem Menschen, der sehr verzweifelt gewesen sein muß, dessen Existenz wohl schon mit 21 Jahren in die Ausweglosigkeit katapultiert wurde. Damit treiben sie die Diskussion, besonders bitter für die Hinterbliebenen, in eine nihilistische Hoffnungslosigkeit.
Fast alle Amok-Täter stehen unter dem Einfluß von Psychopharmaka. Das ist ein Aspekt des  zu hinterfragenden Systemzwanges, besonders auch im Hinblick auf immer häufigere Verschreibungen sogar bei Kleinkindern. Ich plädiere gerade in einer katholischen Tageszeitung für einen ergebnisoffenen Deutungsraum im Hinblick auf solch katastrophale (Offenbarungs-)Ereignisse.

veröffentlicht in: Die Tagespost vom 2. April 2015